Wolfgang Schäuble mahnt vor den Folgen des Klimawandels und betont die Bedeutung ehrenamtlichen Engagements sowie be-lebter Innenstädte für den Zusammenhalt in einer Gesellschaft
„Demokratie unter Druck?“, so reißerisch wie anmoderiert findet Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble den Titel gar nicht. Schäuble war auf Einladung des Landtagsabgeordneten Konrad Epple in den Wahlkreis Vaihingen gekommen, um mit Epples Gästen über die Herausforderungen für die Demokratie zu diskutieren. Corona entsprechend natürlich virtuell – Schäuble war für das öffentliche Webex-Meeting aus Offenburg zugeschaltet.
In seinem kurzen Impulsvortrag erläuterte der Bundestagspräsident, wo unsere Demokratie unter Druck steht. So habe sich die Medienlandschaft massiv verändert. Lokale Tageszeitung hätten immer mehr an Bedeutung verloren. Selbst bei Tagesschau und heute-Nachrichten könne man bereits an der Werbung, die davor gesendet werde, erkennen, dass die Zuschauer immer älter würden. Heute nutzten die Menschen das Internet und hier insbesondere soziale Medien, um sich mit Nachrichten zu versorgen. Damit verfügten wir über keine „gemeinsame Öffentlichkeit“ mehr, da die Menschen zunehmend in eigenen Echoblasen informiert werden. Das führe bei manchen dazu, dass sie sich in die unsinnigsten Dinge reinsteigerten.
Diese Leute hätten nun ein „Rendezvous mit der Globalisierung“. Denn Deutschland, mit seiner zentralen Position mitten in Europa, wirtschaftlich eng mit der Welt verflochten, sei von allen Entwicklungen in der Welt unmittelbar betroffen. Viele Dinge könnten national nicht mehr entschieden oder beeinflusst werden. Das sei die eigentliche Herausforderung für die Demokratie.
Zudem nannte Schäuble die Migration als ein zentrales Thema, wobei er Verständnis für die Fluchtbewegungen äußerte. Wenn jemand in seiner Heimat keine wirtschaftliche Zukunft mehr habe und womöglich auch noch verfolgt werde, sei es verständlich, wenn man sich auf den Weg mache um anderswo sein Glück zu versuchen. Deshalb müsse hier unser Ziel sein, Afrika möglichst gut in seiner wirtschaftlichen Entwicklung zu unterstützen, damit die Menschen keine Gründe mehr hätten, den Kontinent zu verlassen.
Der Klimawandel sei aus seiner Sicht die größte Bedrohung. „Da müssen wir noch mehr dagegen tun, um den Klimawandel zumindest zu verlangsamen. Ansonsten wird vielen hören und sehen vergehen“, mahnt der Bundestagspräsident. Wir müssten uns vor Ort um die Probleme kümmern. Dafür bräuchten wir auch ein handlungsfähiges Europa.
Wichtig sei es für Wolfgang Schäuble zudem, dass, sobald es die Pandemie zuließe, wir uns wieder intensiv um das Miteinander kümmern sollten. „Unsere Gesellschaft geht vor die Hunde, wenn wir nach Corona nicht schnellstmöglich wieder unser ehrenamtliches Engagement, unsere Vereine und Verbände, auch den Sport zum Laufen bekommen“, wird er deutlich. Gleiches gelte für die Innenstädte, die als Orte des Zusammenlebens wichtig seien und dringen wieder belebt werden müssten.
In der anschließenden Fragerunde erklärte Schäuble, warum Bürgerbeteiligung nicht völlig unproblematisch sei. Doch wenn wir die Demokratie schützen wollten, dann müssten wir überlegen, wie wir die parlamentarische Demokratie ergänzen könnten. Hier stellte er noch einmal das Modell der Bürgerräte vor, das er für eine gute Möglichkeit hielte. Er warne davor, dass die gewählten Volksvertreter Meinungsumfragen und Bürgerinitiativen zum Maßstab ihres Handelns machten.
Insgesamt warb der 78-jährige CDU-Politiker für das Argument, denn in einer Demokratie müssten alle Entscheidungen für alle nachvollziehbar erklärt werden. Er selbst habe die Erfahrung gemacht, dass man am Ende mit einem guten Argument immer durchdringe, auch wenn das manchmal viel Zeit brauche und zum Teil sehr mühsam sein könne.
Am Ende lobte Wolfgang Schäuble die Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann. Sie habe sich einerseits für mehr Digitalisierung an den Schulen eingesetzt, auch wenn hier sicher noch viel zu tun sei. Andererseits habe sie sich aber immer dafür eingesetzt, dass die Schulen wieder geöffnet werden. Denn die Kinder brauchen den persönlichen Kontakt, den Austausch und das Spiel mit anderen Kindern.